Ein Pilotprojekt der DRK-Betreuung und Pflege in Lippe gGmbH macht es möglich. Dort wird neuen Arbeitskräften aus der Ukraine eine Unterkunft zur Verfügung gestellt, während erste Sprachkenntnisse erworben werden und die Anerkennung des ukrainischen Berufsabschlusses in Gang gebracht wird.
Lemgo/Blomberg. Olena Hubina ist 51 Jahre alt und arbeitet seit über 20 Jahren als Krankenschwester in der Chirurgie in einem Krankenhaus in Charkiw, als der Krieg ausbricht. Ihre Wohnung wird vollständig zerstört, das Krankenhaus ebenfalls. Schnell flieht sie zu Bekannten nach Israel, wo sie für mehrere Monate bleiben kann. Über ihre Schwiegertochter, die in Lemgo wohnt, erfährt sie von dem neuartigen Projekt des DRK in Lippe und nimmt Kontakt zu Projektmanagerin Iryna Moskalenko auf.
Diese ist auch erst im März 2022 mit ihrem Kind nach Deutschland gekommen und ebenfalls gebürtige Ukrainerin. Bis zum Beginn des Krieges lebte sie als selbständige Englischlehrerin in Sumy, in der Nähe der russichen Grenze, unweit von Charkiw. Petra Meersschaert, Geschäftsführerin der DRK-Betreuung und Pflege in Lippe, lernt Iryna Moskalenko im Mai 2022 kennen. Gemeinsam entwickeln sie das „Projekt zur Gewinnung, Integration und Qualifizierung ausländischer Fachkräfte“ in den Altenpflegeeinrichtungen des DRK in Lippe, welches schnell Fahrt aufnimmt.
Kern des Projekt ist es, sprachlich und fachlich gut vorbereitete Pflege- und sonstige Kräfte für die Einrichtungen zu gewinnen und im Gegenzug den Fachkräften aus der Ukraine Hilfestellung bei den notwendigen Antragsverfahren zu geben, sie bei der Organisation des Anerkennungsprozesses zu unterstützen und Sprachkurse sowie Kommunikationstrainings bereitzustellen. Auch eine Unterkunft wird gestellt: Das im DRK Lippe-Besitz befindliche Haus Voss in Blomberg wird kurzerhand als so genanntes „Starterhaus“ zur Verfügung gestellt - so lange, bis die neuen Mitarbeiterinnen in ihrem Job angekommen sind und eine eigene Wohnung beziehen möchten. In einem letzten Schritt erfolgt dann die Praxisanleitung am Einsatzort. Iryna Moskalenko bleibt Ansprechpartnerin und Mentorin für die neu Hinzugezogenen, unterstützt auch die begleitenden Familienangehörigen und sorgt sich um eine Einbindung durch soziale Events.
Im August 2022 kam Olena Hubina nach Deutschland und zog ins Starterhaus Voss ein. Schon im Oktober konnte sie als Pflegehilfskraft in der DRK-Senioreneinrichtung Harlekin in Blomberg einsteigen und ihre Sprachkenntnisse im Job sukzessive ausbauen.
Die Anerkennung ihres Berufsabschlusses gestaltet sich allerdings schwierig: Alle Unterlagen wurden bei der Bombenexplosion in ihrem Wohnhaus zerstört, auch ihren Ausbildungsträger gibt es nicht mehr. Unterlagen in digitaler Form sind kaum zu beschaffen.
„Falls die Unterlagen vorliegen, dauert es ca. 1/2 Jahr, bis der Anerkennungsprozess durchlaufen ist“, weiß Iryna Moskalenko. „Hierfür ist es auch wichtig, das entsprechende Sprachniveau erreicht zu haben.“ Für Olena Hubina ist es kein Problem, auf die Anerkennung ihres Abschlusses zu warten. Sie fühlt sich mit ihrer Tätigkeit als Pflegehilfskraft wohl und nutzt die Zeit, um immer mehr in Deutschland anzukommen.
Bislang wurden vier Mitarbeiterinnen über dieses Projekt gewonnen, nach Ostern sind zwei weitere Ukrainerinnen hinzugekommen. „Eine berufliche Orientierung nach der Flucht und so viel Hilfestellung wie möglich beim Start ins neue Leben zu geben, das ist unser Ziel“, resümiert Petra Meersschaert das vergangene dreiviertel Jahr seit Projektbeginn.